Schließlich
gelang den Nez Percé neuerlich die Flucht. Eine Gruppe von Scharfschützen
unter Ollokot schaffte es, Gibbons Truppen fast 24 Stunden festzuhalten, um dann
auf ihren Ponys zu entkommen. General Howard, der plötzlich ein recht flottes
Tempo vorgelegt hatte, erreichte Gibbons Truppe 2 Tage nach dem Gemetzel.
Gibbon, der selbst am Bein verwundet worden war sagte zu Howard: „Wer hätte
gedacht, dass sich diese Indianer nach einem solchen Überraschungsangriff
wieder sammeln und uns einen derartigen Kampf liefern würden?"
Einige Unklarheit bestand im Nachhinein bezüglich der Toten und Verwundeten. Während
die Soldaten von 29 toten Weißen und 89 toten Indianern sprachen, erklärten
die Nez Percé, es wären nur 12 Krieger gefallen. Der Rest seien Frauen, Kinder
und Alte gewesen. Wie auch immer: Unter den gefallenen Indianern befanden sich
drei unersetzliche Kämpfer: Red Echo, Five Wounds und Rainbow.
Die Nez Percé gaben Looking Glas die Schuld an dem Desaster. Sie warfen ihm zu
langsames Marschtempo und den Fehler des Campierens im Big Hole vor. Sie
beschlossen, von nun an alle Weißen als Feinde zu behandeln. In ihrer Trauer
erfuhren sie noch, dass Howard seinen Indianerspähern erlaubt hatte, alle
gefallenen Nez Percé zu skalpieren.
Nachdem Howard die Verfolgung der
Indianer am 13. August wieder aufgenommen hatte, holte er sie allmählich ein.
Am 18. August war er noch einen Tagesmarsch von ihnen entfernt. Ollokot
beschloss nun, den Nez Percé wieder etwas Vorsprung zu verschaffen. Deshalb
ritt er mit 28 Kriegern den Weg zurück und stattete Howards Truppe einen „Überraschungsbesuch"
ab. Es gelang ihnen, den Soldaten rund 200 Packmulis davon zu treiben. Weil
Howards Soldaten diese Tiere wieder einfangen mussten, erlangten die Indianer
neuerlich 3 Tage Vorsprung.
Am 22. August, nachdem die Nez Percé den Targhee Pass hinter sich gelassen
hatten, wichen sie erfolgreich einer Armeeabteilung aus, die ihnen den Weg
abschneiden sollte. Sie durchquerten das Yellowstone-Gebiet indem sie häufig
die Marschrichtung wechselten. Hierbei nahmen sie einige Reisende gefangen und
beschafften sich die nötigen Lebensmittel, indem sie diese den hiesigen
Propektoren abnahmen. Dabei kam es zu einigen Morden an Weißen, da sich
verschiedene junge Krieger über Josephs Befehle hinwegsetzten.
Looking Glas war den Seinen
vorausgeeilt, um in Montana mit den befreundeten Crow zu verhandeln. Er bat
deren Häuptling um bewaffnete Unterstützung, bzw. darum, den Nez Percé für
einige Zeit Unterschlupf zu gewähren. Die Crow jedoch, die früher schon als Späher
für die Armee tätig waren, fürchteten die Rache der Weißen, so erreichte
Looking Glas nicht mehr als ein „Neutralitäts-Versprechen".
Die Ablehnung der Crow war ein Desaster für die Nez Percé. Sie hatten
1600 Kilometer zurückgelegt. Jetzt, nach der Abweisung durch die Crow, blieb
ihnen nur noch Kanada als einziger Ausweg. Bis dort jedoch waren es noch einige
100 Kilometer in Richtung Norden. Also beschloss der Rat der Häuptlinge, weiter
nach Kanada zu ziehen. Man versprach sich, dort Kontakt zu Sitting Bull
mit seinen Sioux aufzunehmen. Die Sioux waren zwar alte Feinde der Nez Percé,
da aber auch sie „Emigranten" und vor den US-Behörden geflüchtet waren,
ging man davon aus, die alte Feindschaft begraben zu können.
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